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Flugroute von Musks Tesla Starmans lange Reise

Ein altes Auto mit einer Puppe am Steuer zieht im Sonnensystem seit dieser Woche seine Bahn. SpaceX-Chef Elon Musk hat sie ins All schießen lassen. Werden sie mit Mars oder Erde zusammenstoßen? Astronomen haben nachgerechnet.
Der "Starman" im All

Der "Starman" im All

Foto: SPACEX/ EPA-EFE/ REX/ Shutterstock

Die Polizei von Westaustralien reagierte schnell. Es war in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch und Elon Musk hatte gerade ein Bild getwittert. Darauf zu sehen: Das rote Elektroauto, das der SpaceX-Chef gerade mit seiner neuen Schwerlastrakete "Falcon Heavy" ins All hatte schießen lassen, am Steuer eine Puppe namens "Starman" in einem blütenweißen Astronautenanzug.

Und im Hintergrund die Erde. Australien, umgeben von viel Wasser.

Die Beamten begriffen, dass der Raketenstart nicht nur für Musk einmalige PR-Chancen bot, sondern auch für sie. Ein Auto, das mit mehreren Kilometern pro Sekunde unterwegs ist? Da muss ein Ordnungshüter, der was auf sich hält, doch einen saftigen Strafzettel wegen Raserei ausstellen. Und genau das taten die Australier auf Twitter dann auch - und die Welt schmunzelte.

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Aber wohin fliegen der "Starman" und sein Auto - das ist übrigens noch immer befestigt an der Oberstufe der Rakete - nun eigentlich? Vor dem Start hatte Musk den Mars als Reiseziel ausgegeben. Das war aber mindestens missverständlich ausgedrückt. Denn dass das Auto dort tatsächlich landet, war nie vorgesehen. Es wäre aus Gründen der planetaren Reinhaltung, also des Schutzes der Marsoberfläche vor Verunreinigungen von der Erde, auch extrem problematisch gewesen.

Nach dem Start hatte Musk dann erklärt, "Starman" sei vielmehr auf dem Weg in den Asteroidengürtel. Der liegt hinter dem Mars, in Richtung Jupiter sozusagen. Dorthin sei der Tesla nach einer letzten, kräftigen Zündung der Oberstufe unterwegs. Doch auch das ist wohl Unsinn, wie Jonathan McDowell vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge (US-Bundesstaat Massachusetts) nach Analyse der bisher bekannten Daten herausgefunden hat.

Auto und Raketenstufe sind aktuell auf gutem Weg, der Gravitationswirkung des Erde-Mond-Systems zu entfliehen. Die Batterie der Oberstufe ist längst tot, Bilder von Bord gibt es also keine mehr. Auch eine Steuerung ist nicht mehr möglich, die Oberstufe der Rakete hat allen Treibstoff verbraucht.

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Das Auto und all der ganze andere Technik-Rest werden auf einer elliptischen Bahn um die Sonne unterwegs sein - wie es auch alle Planeten und kleineren Himmelskörper sind. Mal werden sie auf dieser Bahn näher am Mars sein, mal näher an der Erde. Den Asteroidengürtel erreichen sie aber wohl nicht.

Der sonnenfernste Punkt der Bahn liegt demnach nur minimal weiter außen als die Marsbahn. (Für Feinschmecker: Der sonnennächste Punkt der Bahn wird laut aktuellen Schätzungen bei 0,986 Astronomischen Einheiten (AU) sein, der sonnenfernste bei 1,667 AU. Eine Astronomische Einheit (AU) entspricht dabei dem Abstand zwischen Erde und Sonne.)

Nach McDowells Berechnungen dürfte der Roadster den Mars-Orbit im Frühsommer erreichen. Der größte Abstand zur Sonne wäre dann im November. Am sonnennächsten Punkt käme der "Starman" im November kommenden Jahres an.

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SpaceX: Rakete startet mit Tesla ins All

Foto: STEVE NESIUS/ REUTERS

Wird er aber tatsächlich, wie von Elon Musk vorausgesagt, für Millionen Jahre seine Bahnen ziehen? Oder wird er mit Mars, Erde oder einem Asteroiden zusammenstoßen? Wird die Gravitationswirkung des Jupiters ihn gar langfristig aus dem Sonnensystem befördern?

"Gute Prognosen über die Entwicklung der Flugbahn sind nur über kurze Zeiträume möglich", sagt Jürgen Oberst vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Berlin. Das Jet Propulsion Laboratory am California Institute of Technology sage die Bahn daher aktuell auch nur bis 2030 voraus.

Eine große Unbekannte sei der solare Strahlungsdruck, erklärt Oberst. Also die Wirkung des Sonnenwindes. Um diesen zu berücksichtigen, müsse man Gewicht, Größe, Form, die Orientierung im Raum sowie die reflektierenden Eigenschaften der Oberfläche kennen.

Auf Basis der JPL-Daten geht Jonathan McDowell davon aus, dass sich der Tesla dem Mars am 8. Oktober 2020 einstweilen am weitesten nähern wird - in sieben Millionen Kilometern Entfernung. Für einen Absturz, verursacht durch die Mars-Gravitation, ist das viel, viel zu weit entfernt.

Der erdnächste Vorbeiflug im kommenden Jahrzehnt wird für den März 2021 erwartet, in etwa 45 Millionen Kilometern Abstand.

Alan Fitzsimmons, Astronom an der Queen's University in Belfast geht davon aus, dass die Chancen auf einen Zusammenstoß mit einem Planeten "so gut wie null" sind. Das liegt auch daran, dass der Weltraum sehr, sehr leer ist. Und nur mal den hypothetischen Fall einer Kollision mit der Erde angenommen: Auto und Raketenstufe würden bei einem Sturz durch die Atmosphäre wohl einfach verbrennen.

Aber das ist, wie gesagt, Theorie. Der "Starman" wird eine ganze Zeit unbehelligt unterwegs sein. Vielleicht wird die Gravitationswirkung des Jupiters seine Bahn irgendwann stören. In langer, langer Zeit. Vielleicht wird er dann das Sonnensystem verlassen. Er könnte aber genauso gut so abgelenkt werden, dass er in die Sonne stürzt.

Eines ist jedenfalls klar: Er bleibt auf absehbare Zeit viel zu weit von Australien weg, als dass ihm ein Polizist von dort ein Ticket zustellen könnte.