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Astronautenassistent "Cimon": Fliegende Alexa

Foto: DRL

Roboter "Cimon" vor ISS-Einsatz Knutschkugel für den Kommandanten

Wenn Alexander Gerst im Juni ins All fliegt, nimmt er einen revolutionären Roboter mit. "Cimon" soll dem Astronauten mit künstlicher Intelligenz helfen. Und wenn die Maschine mal zickt?

Zumindest David Bowman und seine Kollegen haben nicht so sensationelle Erfahrungen mit intelligenten Maschinen im All gemacht. Also gar nicht, eigentlich. Schließlich hatte der zunehmend übergriffige Computer "HAL 9000" die Besatzung des Nuklear-Raumschiffs "Discovery One" auf dem Flug zum Jupiter einen nach dem anderen gemeuchelt - bis Bowman ihn als letzter Überlebender doch noch stoppen konnte. Soweit jedenfalls Stanley Kubricks "2001: Odyssee im Weltraum", ein Sci-Fi-Klassiker.

Dass Mensch und Maschine sich allerdings auch deutlich besser verstehen können, will Esa-Astronaut Alexander Gerst zeigen, wenn er ab Juni zum zweiten Mal zur Internationalen Raumstation (ISS) fliegt und dort später sogar das Amt des Kommandanten übernimmt. Bei seinen Wegen durch die Station soll ihn auch ein gut fußballgroßer Assistenzroboter namens "Cimon" begleiten - als fliegender Helfer. Der Namen soll übrigens an Simon Wright, das "fliegende Gehirn" aus "Captain Future" erinnern.

KI kommt von der Erde

"Das ist eine Premiere auf der ISS", sagt Volker Schmid vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). "Wir betreten hier technisches und wissenschaftliches Neuland." Denn "Cimon" - der Name ist die Kurzform von "Crew Interactive Mobile CompanioN" - verfügt über Künstliche Intelligenz (KI). Also zumindest ein bisschen, denn der zum Betrieb nötige IBM-Server ist einstweilen noch nicht im All, sondern am Boden. Seine Erkenntnisse werden dann zur ISS geschickt und von "Cimon" angezeigt.

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Astronautenassistent "Cimon": Fliegende Alexa

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In dieser Woche haben Schmid und seine Kollegen den Roboter auf der Luft- und Raumfahrtmesse ILA in Berlin vorgestellt. Und dass "Cimon" dabei nur hinter Glas zu sehen war, hat ganz gewiss nichts damit zu tun, dass die Forscher und Techniker dem Charakter des Gerätes nicht trauen - sondern mit der Angst vor Diebstahl, Beschädigung oder Ideenklau.

Kleine Gedankenstütze

Mit seinen humanoiden Gesichtszügen auf seinem Display kommt der knuffige "Cimon" ausgesprochen freundlich daher. Doch neben einem Grinsegesicht soll er Gerst beim ersten Praxistest auf der Raumstation zum Beispiel auch technische Dokumentationen anzeigen können. "Es geht darum, die teure Ressource Crewzeit besser zu nutzen", sagt DLR-Mann Schmid. Die Astronauten auf der ISS trainierten für so viele Experimente, dass sie sich womöglich nicht alles merken könnten. Da könne das Assistenzsystem dann helfen.

Beim Einsatz von "Cimon", er wird beim ersten Mal nur einige Stunden dauern, geht es vor allem darum zu zeigen, dass die Technik funktioniert. "Das ist noch kein operationelles System, das ist ein Experiment", beschreibt Volker Schmid. Um seine Fähigkeiten zu beweisen, soll der Roboter Gerst zum Beispiel bei der Lösung eines Zauberwürfels helfen. Auch Musik - ein Elektro-Klassiker und ein Hit der Neuen Deutschen Welle - soll die Maschine auf Kommando für den Astronauten spielen.

Mann könnte "Cimon" dafür als eine Art fliegende "Alexa" schmähen. Doch tatsächlich soll das Gerät am Beginn einer längeren Entwicklung stehen - und in einem nächsten Schritt zum Beispiel mit so etwas wie Händen ausgestattet werden. So könnte der Assistenzroboter Werkzeuge bringen. ("Cimon, sag mal, wo habe ich eigentlich den Dreizehner-Schlüssel hingelegt? Hol ihn mir doch mal.")

Einsatz im "Columbus"-Modul der ISS

Zwölf kleine Ventilatoren helfen der Kugel dabei, sich per Luftstrahl frei im Raum zu bewegen. "Cimon" kann nicken, den Kopf - aus mehr besteht er ja auch gar nicht - schütteln und dem Astronauten folgen. Ultraschallsensoren und eine von Airbus entwickelte KI helfen ihm dabei Hindernisse zu erkennen, also nirgendwo dagegen zu krachen. Aus Sicherheitsgründen darf "Cimon" allerdings trotzdem nur im europäischen "Columbus"-Modul der ISS fliegen.

Und was ist jetzt, wenn "Cimon" tief in sich doch etwas von "HAL 9000" hat, von der fiesen Maschine? "Der Mensch muss immer die Hoheit haben über solche maschinellen Systeme", sagt Schmid. Mit anderen Worten: An der Rückseite des 3D-gedruckten Gehäuses hat der Assistenzroboter einen Ausschalter. Und notfalls kann man auch die Batterien rausnehmen.

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