Peinlicher Programmierfehler führt zum Verlust einer russischen Weltraumrakete

Russland hat ein neues Kosmodrom eröffnet, aber bei einem Raketenstart im November irrtümlich die Koordinaten des alten Weltraumbahnhofs Baikonur verwendet. Die Raumfahrtbehörde Roskosmos steht einmal mehr in schlechtem Licht da.

Andreas Rüesch
Drucken
Eine russische Sojus-Rakete startet am 28. November mit 19 Satelliten, geht jedoch nach dem Start verloren. (Bild: Maxim Shipenkov / EPA)

Eine russische Sojus-Rakete startet am 28. November mit 19 Satelliten, geht jedoch nach dem Start verloren. (Bild: Maxim Shipenkov / EPA)

Der russische Vizeregierungschef Dmitri Rogosin hat eine Erklärung für die Panne beim Satellitenstart von Ende November geliefert: Die Flugbahnberechnung sei nicht an den neuen Weltraumbahnhof Wostotschny angepasst gewesen. Die Einstellungen der Rakete seien jene für das Kosmodrom Baikonur in Kasachstan gewesen, sagte Rogosin am Mittwoch im Fernsehsender Rossija-24, wie die Agentur Tass berichtete.

Pannenserie rund um neue Anlage

Am 28. November hatte Russland in Wostotschny eine Trägerrakete des Typs Sojus-2.1b mit dem Wettersatelliten Meteor-M gestartet. Die Nutzlast umfasste auch 18 kleinere Satelliten, die zumeist von westlichen Kunden stammten. Doch kurz danach musste die Raumfahrtbehörde Roskosmos einen Misserfolg bekanntgeben. Es sei nicht gelungen, Kontakt mit den Satelliten aufzunehmen. Die Rakete habe diese nicht auf die angestrebte Umlaufbahn gebracht. Roskosmos geht inzwischen davon aus, dass die Rakete über dem Nordatlantik abgestürzt ist.

Eine Regierungskommission untersucht die Ursachen des Fehlschlags vom 28. November; ihre Schlussfolgerungen werden laut Rogosin «hart und objektiv» sein. Für den Vizeregierungschef steht bereits jetzt fest, dass es im Management von Roskosmos «systemische» Mängel gibt. Die Raumfahrtbehörde wies die Darstellung des Regierungsbeamten am Donnerstag zurück. Sie räumte aber gegenüber der Agentur Interfax ebenfalls einen Berechnungsfehler ein.

Der Fehlstart von Ende November – ob durch eine peinliche Verwechslung der beiden Kosmodrome oder nicht – reiht sich ein in eine Serie von Pannen und Misserfolgen rund um die Anlage in Wostotschny. Russland hatte das fernöstliche Kosmodrom nahe der chinesischen Grenze im April 2016 eröffnet – allerdings erst im zweiten Anlauf, nachdem ein geplanter Raketenstart im letzten Moment hatte verschoben werden müssen. Vorangegangen waren zeitliche Verzögerungen beim Bau sowie Korruptionsfälle.

Mit der Errichtung der neuen Anlage, deren Kosten auf mehr als 8 Milliarden Franken geschätzt werden, will Russland seine Abhängigkeit vom Standort Baikonur verringern. Für dessen Nutzung muss es Kasachstan eine jährliche Pacht von 115 Millionen Dollar bezahlen. Bis jetzt spielt Wostotschny aber erst eine untergeordnete Rolle in der russischen Raumfahrt. Der missglückte Start vom 28. November war erst der zweite Start seit der Feuertaufe vom April 2016, und bemannte Flüge wird es von Wostotschny aus nicht vor dem Jahr 2023 geben.

Kontakt zu weiterem Satelliten abgebrochen

Eine weitere Panne erlebte die russische Raumfahrt am Mittwoch, diesmal allerdings bei einem Start von Baikonur aus. Der Kontakt zum ersten angolanischen Satelliten im Weltall riss laut der Agentur DPA einige Stunden nach dem Start ab. Der in Russland gebaute Telekomsatellit Angosat war mit einer Zenit-Trägerrakete ins All geschossen worden. Zunächst habe der Satellit störungsfrei Signale gesendet, sagte ein Sprecher in Baikonur, doch dann sei die Verbindung verloren gegangen. Experten hofften aber, den Kontakt doch noch wiederherstellen zu können, was nach einem Tag Funkstille laut Angaben der russischen Raumfahrt am Donnerstag gelang. Angosat soll Fernsehen und andere Telekomdienste in Angola und im Süden Afrikas übertragen.