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Tiere sind die wahren Weltraum-Pioniere

Ohne die Pionierarbeit von Tier-Astronauten wäre heute an Mars-Missionen nicht zu denken. Wir zeigen euch eine Auswahl der bedeutendsten tierischen Helden der Raumfahrt.
Das Totenkopfäffchen Baker, das 1959 mit einer Jupiter-Rakete ins Weltall flog. Bild: Wikipedia | Lizenz: Public Domain

Noch in diesem Jahr soll eine SpaceX-Kapsel den ersten Röntgen-Scanner für Nagetiere zur internationalen Raumstation ISS bringen. Mit dem Scanner soll an Ratten- und Mäuseastronauten getestet werden, wie sich ein langer Aufenthalt in der Schwerelosigkeit auf die Knochen und andere Köpergewebe auswirkt. Das Programm soll vor allem der Vorbereitung auf die lange Reise zum Mars dienen.

Einmal mehr zeigt sich, dass Tiere einen nicht unerheblichen Anteil an der Erkundung und Pionierarbeit in den weiten des Universums übernehmen. Schon lange sind die verschiedensten besten Freunde des Menschen ruhmreich und tragisch daran beteiligt uns den Weg ins Unbekannte zu ebnen. Ich habe einmal ein wenig in den Archiven gewühlt und Forscher kontaktiert, die mittlerweile im Rentenalter sind, um hier einige Bilder und Videos aus der langen Geschichte von Tieren als Weltraumpioniere zu versammeln.

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Am 11. Juni 1948 schickte die US Regierung (die NASA sollte erste zehn Jahre später gegründet werden) den Rhesus-Affen Albert an Bord einer V2-Rakete von White Sands in New Mexico um 3:22 Uhr in den schwarzen Nachthimmel. Albert erreichte nakotisiert eine Höhe von 39 Kilometern und war damit das erste Säugetier, das sich soweit vom festen Erdboden entfernte.

Albert erstickte bevor seine Kapsel, wegen nicht funktionierender Fallschirme, am Boden zerschellte. Ihm zu Ehren wurde die ganze Mission Albert Mission getauft. Von dem kleinen Pionier habe ich leider kein Bild gefunden.

Dies hier war Alberts Nachfolger, einfallsreich Albert II genannt. Ein Jahr nach Albert, am 14. Juni 1949, sollte er der erste Affe werden, der die Weltraumgrenze von 100km Höhe erreichte. Seine V2 stieg auf 131km an und fiel dann, Fallschirm wieder kaputt, zur Erde zurück. Auch Albert II hat das Ganze, dank Narkose, nicht bewusst miterlebt. Ebenso überlebten Albert III und IV ihre Missionen nicht. Erst im September 1951 kehrte der Affe Yorick, zusammen mit ein paar Mäusen, aus 71km Höhe lebend auf US-Boden zurück.

Das erste Video einer schwerelosen Mission entstand von den Affen Patricia und Mike und den Mäusen Mildret und Albert am 22. Mai 1952. Die Mäuse fangen bei Minute 9:20 an zu schweben. Aber es lohnt sich, das gesamte Fundstück anzuschauen. Zwar wird nur ein Affe namens Albert gezeigt, doch die NASA behauptet, dass bei dieser Mission eine Maus Albert hiess und ein weiterer Affe an Bord waren.

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Die Tiere wurden mit rund 3.200 km/h in eine enttäuschende Höhe von 57 Kilometern geschossen, wobei die sich drehende Trommel mit dem Ball darin dazu diente, anzuzeigen, ob die Kapsel selbst rotiert. Beide Affen starben später an Altersschwäche im zoologischen Park von Washington DC, Patricia 1954 und Mike 1967. Was aus den Ratten und Mäusen wurde ist nicht überliefert.

Im Rahmen des sich anbahnenden Wettlaufs ins All hatten die Soviets in der Zwischenzeit die Hündinnen Tsygan und Dezik zusammen mit einer R-1 Rakete auf eine Höhe von 110 km geschossen. Beide überlebten den Flug am 22. Juli 1951, doch Dezik starb im folgenden September bei einer weiteren Mission. Tsygan und Dezik waren somit die ersten Hunde im All.

Das Video einer ähnlichen Mission von 1960 habe ich im kürzlich freigegebenen Pahté-Archiv gefunden. Es ist zwar das Jahr 1961 angegeben, doch die Mission von Belka ("Eichhörnchen") and Strelka ("Kleiner Speer") war die einzige, die auch Ratten an Board hatte und bei der alle überlebten (weshalb das Experiment wohl zum Vorzeigeexemplar wurde). Die Ratten schweben bei ca. 30 Sekunden.

Belka und Strelka wurden in einer Sputnik 5 zusammen mit zwei namenlosen, grauen Hasen, 40 Mäusen, zwei Ratten und 15 Röhren voller Fruchtfliegen und Pflanzen losgeschickt. Strelka gebahr später (am Boden) sechs Welpen. Einen bekamen John F. Kennedy's Kinder als zynisch-sovietisches Geschenk von Nikita Chruschtschow. Die Russen wählten Hunde statt Affen für diese ersten Tests, weil sie diese für entspannter hielten.

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Natürlich kennen alle Laika als „erster Hund im All", was wie ihr eben gesehen habt jedoch nicht stimmt. Aber Laika hat etwas geschafft, was vor ihr noch keine andere Hunde-Astronautin erreichte. Ab dem 3. November 1957 flog sie an Bord einer Sputnik 2-Kapsel sieben Tage lang im Orbit um die Erde. Während alle ihre tierischen Vorgänger nur mehr oder weniger senkrecht nach oben geschossen wurden und dann wieder zur Erde fielen, war sie das erste Lebewesen, das mit rund 27000 km/h in 982 km Höhe um den Erdball kreiste. In diesem Video sieht man die Berichterstattung über Laikas Flug in den west-alliierten Medien.

Doch auch Laika fand ein tragisches Ende. Erst 2002 wurde bekannt, dass das Ventilationssystem der Sputnik schon beim Start versagt hatte, was die Temperatur der Kapsel auf über 40 Grad C steigen ließ. Nach fünf Stunden im Orbit wurde kein Lebenszeichen aus der Kapsel empfangen, Laika war an Überhitzung verreckt. Sieben Tage später löste sich Laika zusammen mit der Kapsel beim Wiedereintritt in die Atmosphäre auf.

Auch Frankreich packte das Raumfieber der 60er Jahre und bereitete Ratten und Katzen (im Video unten) auf Flüge in amerikanischen Raketen vor. Der Leiter dieser Missionen war der heute 85-jährige Dr. Gérard Chevalier. Er schrieb mir: „Der Herr im Video, der eine Ratte im Labor vorbereitet, war mein Assistent Humbert! Ich habe keine Ahnung, wie sie dieses Video aufgetrieben haben, von dem ich dachte, es wäre seit über 40 Jahren verschollen! "

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Berühmt wurden in Frankreich damals die Astroratte Hector und die Raumkatze Félicette. Das Foto stammt von Dr. Chalier. Hector flog am 22. Februar 1961 und Félicette am 18. Oktober 1963 in die Schwerelosigkeit, allerdings nur für wenige Minuten, um ihre Hirnaktivität zu messen. Beide kehrten lebend zur Erde zurück.

Auch die USA wollten dem Ziel, einen Menschen aus der Atmosphäre zu befördern so schnell wie möglich näher kommen. Das als rückständig verpönte Russland war mit Laika schließlich sehr nah an den Sieg des Weltraum-Wettrennens gerückt. Da lag es nahe, mit einem menschenähnlichen Wesen die Hunde aus Russland zu übertrumpfen.

Am 31. Januar 1961 stieg der Schimpanse Ham mit einer Mercury-Redstone 2 Rakete von Cape Canaveral in Florida in eine Höhe von 209 km auf und landete rund 17 Minuten später nur ein paar hundert Kilometer enfernt im Atlantik. Während des Fluges erledigte Ham seine Aufgabe, einen Hebel zu drücken sobald er ein blaues Blinklicht sah, was ihm ein Stückchen Banane als Belohnung einbrachte. Zwar verlor seine Kapsel während des Fluges den Druck, doch sein Raumanzug rettete Ham das Leben. Nach der Landung entstand dieses bekannte Foto von Hams Begrüßung an Bord des Schiffes USS Donner. Ham lebte noch 17 Jahre im Zoo von Washington.

Der berühmte Hand-Shake nach Hams Landung. Bild: NASA | Lizenz: Public Domain

Die Erkenntnisse aus Hams Flug kamen dem Flug des ersten Amerikaners ins All, Alan Shephard, zugute. Shephard flog am 5. Mai 1961 genau wie Ham in einer Redstone Rakete auf einer sehr ähnlichen Flugbahn ins All. Später, im Januar 1969, als Kommandeur von Apollo 14, landete und spazierte Shephard auf dem Mond.

Doch drei Monate nach Ham, am 12. April 1961, und nur einen Monat vor Shephards erstem Flug, war der Russe Yuri Gagarin den Amerikanern zuvor gekommen. Gagarin schrieb Geschichte als erster Mensch im Erdorbit. Ohne ihre vielen tierischen Pioniere, von denen so viele ihre Leben ließen, hätte es Gagarin nicht in den Orbit geschafft und Shephard hätte nicht Golf auf dem Mond gespielt.

Ein großes Dankeschön also an die —unfreiwilligen—Tierastronauten, ohne die an eine bemannte Marsmission wie Mars-X heute nicht einmal im entferntesten zu denken wäre.