Österreichische Forscher und Unternehmer waren unter anderem an der Entwicklung des Satellitennavigationssystems Galileo beteiligt.

Foto: ESA/Pierre Carril

Graz – 1987 wurde Österreich zum Vollmitglied der Europäischen Weltraumorganisation Esa – ein Grund zum Feiern, denn diese Mitgliedschaft hat nicht nur die wissenschaftliche Neugier einiger Forscher befriedigt und unserem Land die Teilnahme an Erkundungsreisen in die Weiten des Weltalls ermöglicht. Als Esa-Mitglied hat Österreich mit 120 Betrieben und wissenschaftlichen Einrichtungen im Weltraumsektor auch handfeste wirtschaftliche Vorteile: "Mit einem jährlichen Umsatz von rund 125 Millionen Euro ist die Weltraumtechnik kein Selbstzweck", betonte FFG-Geschäftsführer Klaus Pseiner bei der Festveranstaltung am Montag in der Grazer List-Halle.

Die Forschungsförderungsgesellschaft FFG ist mit der Agentur für Luft- und Raumfahrt die Schnittstelle zwischen Österreichs Weltraumforschung auf der einen und der Esa auf der anderen Seite. Um die Entwicklung neuer Weltraumtechnologien vor allem in den Bereichen Erdbeobachtung, Klimaforschung und Telekommunikation voranzutreiben, werden vom Verkehrsministerium pro Jahr 70 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Katastrophenhilfe

Dass die damit geförderte Forschung nicht "abgehoben" sein muss, war den Praxisberichten verschiedener Anwender zu entnehmen: So erzählte etwa Andreas Papp von SOS Kinderdorf, wie sich Erdbeobachtungsdaten aus der Weltraumforschung für die Katastrophenhilfe nutzen lassen. "Aus diesen Daten können die Helfer herauslesen, wo man Wasser für Flüchtlingscamps findet." Satellitendaten liefern auch Informationen über Flüchtlingsströme, zudem lassen sich durch die Dokumentation von Dürren und Hochwasser Hungersnöte vorhersagen. Die Hilfsorganisationen können damit frühzeitig Ort und Ausmaß ihrer Einsätze planen.

Auch Kurt Weinberger von der Österreichischen Hagelversicherung verwies auf die große Bedeutung von Satellitendaten für seine Zunft. Neue Entwicklungen machen es sogar möglich, aus den Erdbeobachtungsdaten die verschiedenen Entwicklungsstadien von Feldpflanzen zu überprüfen und so Ernteausfälle vorherzusagen. "Wir stellen den Landwirten alle fünf Tage Satellitenbilder ihrer Anbauflächen zur Verfügung, sodass sie wissen, wann welche Felder zu bewässern sind."

Im Laufe von 30 Jahren ist Österreich zu einer respektablen Größe in der Europäischen Weltraumagentur geworden. So startete heuer mit dem Wetterbeobachtungssatelliten Pegasus der dritte österreichische Nanosatellit ins All, zwei weitere sind in Arbeit. An Bord von bisher 50 Satelliten wurde heimische Technologie bereits ins All geschickt.

Internationale Missionen

Das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) ist zurzeit an 17 internationalen Weltraummissionen beteiligt: von erdnahen Satellitenflotten bis zur Erforschung von Planeten. Bei der Rosetta-Mission zum Kometen Tschury etwa steuerte das IWF hochkomplexe Messinstrumente bei. Für das Satellitennavigationssystem Galileo lieferte das österreichische Unternehmen Ruag Space thermische Systeme für die Satelliten sowie die Elektronik des Zentralcomputers. Auch bei den geplanten Missionen ExoMars und BepiColombo zum Merkur sollen diese Thermohüllen die Satelliten vor extremen Temperaturen schützen. Das Innsbrucker Unternehmen Geo Ville wiederum wurde mit der Entwicklung eines satellitenbasierten Umweltinformationssystems im Rahmen des Erdbeobachtungsprogramms Copernicus betraut.

Esa-Generaldirektor Johann-Dietrich Wörner nutzte das Jubiläum, um seine Vision der europäischen Weltraumforschung zu präsentieren. "Wir brauchen ein neues Rollenverständnis", sagte Wörner. Generell müsse die Weltraumforschung verstärkt in die globale Wirtschaft und Gesellschaft integriert werden. Gleichzeitig gelte es Europas Autonomie in Hinblick auf die Nutzung des Weltraums zu sichern. (Doris Griesser, 15.10.2017)