Russland und die USA wollen gemeinsam eine bemannte Raumstation in der Mond-Umlaufbahn aufbauen. "Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir zusammen am Bau der internationalen Raumstation Deep Space Gateway teilnehmen werden", sagte Igor Komarow, Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos. Die ersten Module für die neue Raumstation könnten zwischen 2024 und 2026 ins All gebracht werden, sagte er der russischen Agentur Tass zufolge. Dafür wollten die Länder zunächst "internationale technische Standards" entwickeln. Eine Stellungnahme aus den USA lag zunächst nicht vor.

"Um künftige Probleme bei der technischen Zusammenarbeit zu vermeiden, sollten Standards teilweise vereinheitlicht werden", sagte Komarow. Nur so könne gewährleistet werden, dass Raumfähren verschiedener Länder an einer internationalen Mondstation andocken könnten.

Der Deep Space Gateway ist ein Projekt der US-Raumfahrtbehörde Nasa, über das seit mehr als einem Jahr gesprochen wird. Die Station soll auf einer Umlaufbahn um den Mond kreisen. Ähnlich wie die Raumstation ISS soll sie bemannt sein, aber nicht zwangsläufig dauerhaft. Zudem sollen die Astronauten von dort Landungen auf dem Mond und Flüge tiefer ins Weltall vorbereiten können, etwa zum Mars. Viele Details sind aber noch offen, zum Beispiel in welcher Höhe die Station über dem Mond kreisen soll.

Auch Europäische Raumfahrtagentur hat Interesse

Komarow sagte beim Internationalen Astronauten-Kongress in Australien, er habe mit den US-Kollegen über Russlands Rolle in dem Projekt beraten. "Unser Beitrag kann der Bau von ein bis drei Modulen sowie die Entwicklung einheitlicher Standards für Andockmechanismen für Raumschiffe sein", sagte er. Zudem könnte Russland Trägerraketen für den Transport ins All zur Verfügung stellen. 

Sie hätten in Australien eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, sagte Komarow. Der Abschluss eines Vertrages erfordere aber noch Bemühungen von staatlicher Seite. Er sprach sich auch für eine Beteiligung von Staaten der Brics-Gruppe wie China und Indien aus. Auch die Europäische Raumfahrtagentur Esa hat Interesse bekundet.

Russland und die USA haben jahrelange Erfahrung mit der Kooperation im Kosmos. Seit 1998 betreiben sie die ISS rund 400 Kilometer über der Erde, seit 2000 ist diese dauerhaft bewohnt. Nach bisherigen Plänen soll die Raumstation noch bis 2024 genutzt werden. Wie es dann weitergeht, ist offen. An der ISS beteiligen sich auch die Esa sowie die Raumfahrtbehörden Kanadas und Japans.

Die Nasa hatte zwischen 1969 und 1972 zwölf US-Astronauten auf den Mond geschickt. Russland will bis etwa 2030 erstmals einen Kosmonauten dort landen lassen. Der Traum von der Besiedelung des Mondes ist spätestens mit der ersten Landung 1969 konkreter geworden. Visionen dafür wurden in der vergangenen Woche erneut beim European Planetary Congress in der lettischen Hauptstadt Riga ausgetauscht.

Geburten auf dem Mond

Von bis zu hundert Mondbewohnern bis 2040 war dort die Rede, die Eis zu Wasser schmelzen, mit 3-D-Druckverfahren Behausungen und Werkzeuge herstellen, Pflanzen für die Ernährung ziehen und neue Sportarten bei geringer Schwerkraft betreiben könnten.

Bis 2030 könnte es eine erste Mondbesiedelung geben, sagte Bernard Foing, Chef-Wissenschaftler der Esa. Sechs bis zehn Pioniere, darunter Wissenschaftler, Techniker und Ingenieure – eine Gemeinschaft, die bis 2040 auf hundert Menschen anwachsen könne. "2050 könnten es tausend sein und dann ist es vorstellbar, Familienmitglieder zu haben", die sich zu den Mondsiedlern dazu gesellten. In mehreren Jahrzehnten seien sogar Geburten auf dem Mond denkbar.

ESA-Chef Jan Wörner stellte in Aussicht, dass die ISS durch eine ständige Mondstation ersetzt werden könnte. Ohnehin soll die ISS 2024 außer Betrieb genommen werden. Jenseits von Finanzierungsproblemen, deren Lösung nach Ansicht von Experten eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Raumfahrtbehörden und kapitalstarken privaten Unternehmen erfordern, seien gemeinsame internationale Bemühungen um eine Kolonisierung des Mondes auch dazu geeignet, "irdische Grenzen und Krisen zu überbrücken".