Europasonde wird in freier Natur getestet
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz astronews.com
27. September 2017
Die Erforschung des Jupitermonds Europa, unter dessen
eisiger Oberfläche ein Ozean vermutet wird, der eventuell sogar
lebensfreundliche Bedingungen bieten könnte, gilt als äußerst interessant, aber
auch als als äußerst kompliziert. Deutsche Wissenschaftler tüfteln seit Längerem
an einem Sondenkonzept, das nun auch in der freien Natur getestet werden soll.
Das Unterwasserfahrzeug Leng bei einem ersten
Test unter Eis im Stadtwaldsee Bremen.
Foto: DFKI GmbH / Annemarie Popp [Großansicht] |
Auf der Suche nach Leben in unserem Sonnensystem ist der Jupitermond Europa
von großem Interesse: Unter einer mehrere Kilometer dicken Eisdecke wird dort
ein tiefer Ozean vermutet, der die Grundlage für extraterrestrisches Leben
bieten könnte. Wie sich dieser Ozean erreichen und erforschen ließe, haben
Wissenschaftler des Robotics Innovation Center des Deutschen
Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) im Projekt
Europa-Explorer (EurEx) untersucht (astronews.com
berichtete). Die zur autonomen Navigation unter Wasser und für den Transport
durch das Eis entwickelten Systeme sollen im nun gestarteten Projekt
EurEx-SiLaNa für Langzeitmissionen außerhalb des Labors optimiert werden.
Ziel des Projekts Europa-Explorer war es, im Rahmen terrestrischer
Szenarien zu zeigen, dass ein Roboterteam den Eismond Europa autonom erkunden
kann. Auf dem Jupitertrabanten befinden sich – so die Annahme – unter einer
Eisdecke in rund 100 Kilometern Wassertiefe Hydrothermalquellen, die durch das
Spenden von Wärme und Mineralien selbst an dunklen und kalten Orten Leben
ermöglichen könnten.
Um diese Quellen zu finden, muss ein Explorationsfahrzeug zunächst den
mächtigen Eispanzer auf der Oberfläche des Ozeans durchdringen und anschließend
den Grund des Meeres erreichen. Für dieses Szenario entwickelten die
DFKI-Wissenschaftler ein Missionskonzept, welches die Exploration des Ozeans auf
Europa mithilfe eines vollautonomen Systems ermöglichen soll. Dementsprechend
bauten sie das autonome Unterwasserfahrzeug (AUV) Leng, das durch eine
Vielzahl unterschiedlicher Sensoren sicher im Wasser navigieren kann, und das
IceShuttle Teredo. Letzteres dient dem AUV als Transportmittel durch
die Eisdecke sowie als Dockingstation zum Datenaustausch und Aufladen der
Batterien.
Das Team aus Unterwasserzeug und IceShuttle konnte einen Teil des
Missionskonzepts in der europaweit einmaligen Maritimen Explorationshalle des
DFKI in Bremen bereits erfolgreich demonstrieren. Um allerdings den nächsten
Schritt in Richtung einer Realmission wagen zu können – aus dem Labor in eine
natürliche Umgebung – sollen im Projekt EurEx-SiLaNa (SiLaNa steht für "Sichere
Langzeitnavigation") die bestehenden Systeme, deren Zusammenspiel sowie ihre
Navigationsleistung weiter optimiert werden.
Im Rahmen des neuen Projekts sind umfangreiche Tests in Binnengewässern
geplant. Die Gegebenheiten und Unwägbarkeiten von Außeneinsätzen erfordern
jedoch diverse technologische Erweiterungen und Verbesserungen der Systeme. Die
zunächst für das AUV verwendete Materialmischung aus Aluminium und Edelstahl
verursachte beispielsweise unerwartet starke Korrosionseffekte, welche im
Langzeitbetrieb zu Leckagen führen können. Aus diesem Grund setzen die
Wissenschaftler nun auf eine Titanlegierung.
Die Integration eines Nutzlastmoduls in das AUV soll darüber hinaus die
Ausstattung mit zusätzlicher Sensorik ermöglichen, die etwa physikalische
Parameter wie Druck, Temperatur oder Salzgehalt des Wassers messen kann.
Schließlich soll im Projekt die Bohrtechnologie des IceShuttles Teredo
weiter vorangetrieben werden.
Die Navigation des AUVs unter Wasser realisierten die Wissenschaftler
anfänglich, indem sie den Missionsablauf direkt im Quellcode umsetzten. Dies
erforderte jedoch stets einen Systemneustart bei Missionsänderung. Abhilfe soll
künftig ein Missionsmanagement schaffen, das die Definition einer
Missionsbeschreibungssprache umfasst. Hierdurch lassen sich verschiedene
Teilfunktionalitäten des Unterwasserfahrzeugs verknüpfen, etwa das Anfahren von
Wegpunkten, die Rückkehr zum IceShuttle oder das Einleiten des Dockingvorgangs.
Gleichzeitig erlaubt die Missionssprache dem System auf äußere Einflüsse zu
reagieren und kritische Entscheidungen zu treffen, etwa ob sich mit dem
momentanen Akkustand der Zielbereich noch erreichen lässt. Ein wichtiger Aspekt
ist dabei die wiederholte Missionsausführung, welche die sichere autonome
Navigation während einer Langzeitmission überhaupt erst ermöglicht.
Im Gegensatz zur linearen Abarbeitung eines vordefinierten Missionsplans in
einem relativ kurzen Zeitraum, erlaubt diese unter anderem die Integration eines
zusätzlichen Unterwasser-Ladevorgangs und somit eine deutlich verlängerte
Einsatzdauer. Außerdem kann das AUV auf diese Weise mit ersten Bodendaten zum IceShuttle zurückkehren und von dort aus neu definierte Detail-Inspektionen
interessanter Objekte vornehmen.
EurEX-SiLaNa, das am 1. September 2017 startete, wird mit rund 650.000 Euro
vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Mitteln des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) über eine Laufzeit von 16
Monaten gefördert.
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